Prof. Dr. Claudia Liebrand

Professorin für Allgemeine Literaturwissenschaft / Medientheorie 
am Institut für deutsche Sprache und Literatur I 
der Universität zu Köln






 
   


Hinweise für Hauptseminararbeiten

Die folgenden Hinweise zur Erstellung von Hausarbeiten ergänzen die Broschüre ebenda, die Sie im Geschäftszimmer des Instituts für Deutsche Sprache und Literatur erhalten. Die in ebenda formulierten formalen Vorgaben sind genauso verbindlich wie die folgenden. Lesen Sie diesen ›Waschzettel‹ mehrmals: auf jeden Fall, bevor Sie mit Ihrer Hausarbeit beginnen und bevor Sie sie abgeben.

Formalia

1. Nochmals: Beachten Sie die formalen Regeln der Broschüre ebenda.

Eine fehlerhafte Form führt zur Rückgabe der Arbeit. Einen Schein gibt es nur für eine Arbeit in korrekter Form. Achten Sie von Anfang an darauf, damit Sie nicht nachbessern müssen. Nachbessern bedeutet immer mehr Arbeit. Zweifelsfälle schlagen Sie zum Beispiel nach bei Eckhardt Meyer-Krentler, Arbeitstechniken Literaturwissenschaft, München 122005 oder Hans-Werner Ludwig, Thomas Rommel, Studium Literaturwissenschaft. Arbeitstechniken und Neue Medien, Tübingen, Basel 2003.

2. Schreiben Sie korrektes Deutsch. Achten Sie auf Rechtschreibung und Zeichensetzung.

Halten Sie sich konsequent an die alte oder die modifizierte neue Rechtschreibung. Das Ideal ist ein fehlerfreier Text. Kommen Sie dem Ideal nah. Schlagen Sie Zweifelsfälle immer im Duden nach. Das gilt auch für die Zeichensetzung.

Lesen Sie die Rechtschreibregeln und eignen Sie sich beim Schreiben die Regeln an, die Sie noch nicht beherrschen. Die modifizierte neue Rechtschreibung ist kein Freibrief, auf Kommata zu verzichten oder sie willkürlich zu setzen. Fehlerhafte Zeichensetzung deutet fast immer auf mangelhafte Syntax und damit schlechten Ausdruck hin.

Rechtschreibprüfprogramme können hilfreich sein, dürfen allerdings nur kontrolliert verwendet werden: Zitate werden nicht normalisiert. Schalten Sie gegebenenfalls die Autokorrektur-Funktion Ihres Textverarbeitungsprogrammes aus.

3. Entscheiden Sie sich für ein allgemein akzeptiertes wissenschaftliches Format und halten Sie es konsequent durch.

Aufbau der Arbeit, Inhalts- und Literaturverzeichnis sowie das Zitierformat müssen einem der gängigen wissenschaftlichen Formate entsprechen. Entscheiden Sie sich für eine Form und halten Sie diese einheitlich durch. Vorgaben finden Sie in der Broschüre ebenda.

Achten Sie auf exakte Typographie: Fehlende oder überflüssige Spatien sind typographische Fehler, ebenso ein gerades Anführungszeichen, wenn Sie sonst typographische benutzen, ein Akzent statt eines Apostrophs oder ein Binde- statt eines Gedankenstrichs – und umgekehrt.

4. Zitieren Sie korrekt.

Zitate oder sinngemäße Zitate aus anderen Texten müssen auch als solche ausgewiesen werden. Bieten Sie vollständige bibliographische Nachweise nach ebenda-Muster. Zitieren Sie nur Texte, die Sie gelesen haben. Übernehmen Sie keine Zitate sekundär, indem Sie vorgeben, Sie zitierten primär. Referieren Sie nicht Forschungsliteratur, ohne sie auszuweisen. Falls Sie ausführlich Forschung paraphrasieren, ohne wörtlich zu zitieren, müssen Sie Umfang und Nähe dieser Paraphrase deutlich ausweisen. Plagiieren Sie nicht und reichen Sie keine Hausarbeiten ein, die man auch nur auszugsweise im Internet finden kann. Seien Sie anderen und sich selbst gegenüber ehrlich.

5. Schlagen Sie Ihnen unbekannte Fremdwörter nach.

Und bekannte, wenn Sie sich unsicher sind, wie man sie schreibt. Es heißt ›These‹ und ›Neurasthenie‹, aber nicht ›Sthasis‹, sondern ›Stasis‹. Richtig ist ›idiosynkratisch‹, falsch hingegen ›idiotsynkratisch‹.

Inhaltliches: Vorgehen, Konzept, Gliederung

1. Finden Sie ein Thema, das Sie interessiert.

Lesen Sie sich in den Primärtext und die Sekundärliteratur ein. Formulieren Sie Fragen oder Ihre eigenen Schwierigkeiten mit dem Text. Welche Bezüge zu anderen Texten fallen Ihnen auf? Was irritiert Sie, was verstehen Sie nicht? Wie steht der Text zum Thema des Seminars? Wo lesen Sie den Text anders, als es die Sekundärliteratur tut? Haben Sie andere Ideen?

2. Erstellen Sie eine Gliederung.

Beginnen Sie mit einer vorläufigen Gliederung als Arbeitshilfe. Ordnen Sie Ihre Einfälle und Argumente in Gruppen, die später möglicherweise Kapitel ergeben. Entwickeln Sie Routen, auf denen Sie von einem Argument zum nächsten kommen.

Erst jetzt ist eine Rücksprache in der Sprechstunde hilfreich!

Die endgültige Gliederung muss zeigen, dass Ihr Text organisiert ist und keine willkürliche Kette von Assoziationen. Das Inhaltsverzeichnis dient einer Vorschau auf den Argumentationsweg der Arbeit. Für die LeserInnen der Arbeit ist es hilfreich, wenn Sie diesen in der Einleitung knapp skizzieren: Ein solcher Ausblick auf den roten Faden der Arbeit gehört in die Einleitung, in der Sie auch begründen können, warum Sie sich für Ihr Thema entschieden haben.

3. Formulieren Sie zu Beginn der Arbeit klar eine oder mehrere Thesen oder heuristische Hypothesen, auf die Sie im Resümee noch einmal zurückkommen.

Die Arbeit muss eine erkennbare Fragestellung haben. Stellen Sie diese in Form von Thesen vor und begründen Sie ihre Thesen in einer nachvollziehbaren Argumentation. Jedes einzelne Kapitel der Arbeit muss in einem begründeten Zusammenhang mit Ihrer Fragestellung stehen. Fragen Sie sich selbst, warum Sie dem Leser, der Leserin bestimmte Informationen geben und in welchem Zusammenhang diese für Ihre Fragestellung relevant sind.

Vermeiden Sie bloße Behauptungen und einfache Feststellungen in Bezug auf Ihren Gegenstand. Diskutieren und begründen Sie Ihre Ergebnisse so, dass sie verständlich sind. Leisten Sie Überzeugungsarbeit!

Schließlich: Lesen Sie Ihre Arbeit vor der Abgabe noch einmal mit zeitlichem Abstand zum Schreiben. Überprüfen Sie, ob Sie am Anfang schon wissen und auch sagen, was Sie tun oder wonach Sie fragen. Eine Hauptseminararbeit ist kein Verlaufsprotokoll, das sich irgendwie zu einem Ergebnis durchwurschtelt. Kommt es Ihnen so vor, als würde erst am Ende retrospektiv klar, was Sie eigentlich getan haben, schreiben Sie die Arbeit neu – zumindest aber den Beginn.

Eine fehlende oder nicht erkennbare Fragestellung führt zur Rückgabe der Arbeit ohne Schein!

4. Beachten Sie die vorliegende Forschung.

Bibliographieren Sie systematisch und lesen Sie die beschafften Texte kritisch. Wie man bibliographiert, lernen Sie bei einer Bibliotheksführung. Gibt es Forschungsergebnisse zu Ihrer Fragestellung, müssen Sie in Ihrer Hausarbeit darauf verweisen. Nutzen Sie die Forschung auch für Ihre eigene Argumentation. Gehen Sie davon aus, dass Ihr Dozent, Ihre Dozentin die Forschungsliteratur in der Regel kennt!

Verstehen Sie sich sowohl als ModeratorIn einer Diskussion als auch als deren TeilnehmerIn. Leiten Sie den Leser, die Leserin didaktisch geschickt zu Ihrem Argumentationsziel. Fragen Sie sich nach der Relevanz bereits geleisteter Forschung für Ihre Fragestellung und Ihre Argumentation. Stellen Sie die Ergebnisse dieser Überlegungen in Ihrem Text dar. Begründen Sie, inwiefern Sie einen Forschungsbefund für angemessen oder unangemessen halten. Orientieren Sie sich nicht nur inhaltlich, sondern auch strategisch an der vorliegenden Sekundärliteratur: Inwiefern können Sie sie für Ihre Argumentation nutzen?

5. Vergewissern Sie sich Ihres Vorgehens.

Beschreiben Sie, wie Sie an Ihren Gegenstand herangehen und warum: Begründen Sie Ihr Vorgehen methodologisch. Beziehen Sie sich dabei nur auf literaturwissenschaftliche beziehungsweise methodische Texte, die Sie gelesen haben. Vermeintliche Kenntnis vom Hörensagen reicht nie. Wenn Sie etwas über den ›Ödipuskomplex‹ schreiben und ›psychoanalytisch‹ argumentieren wollen, müssen Sie diese Begriffe definieren können.

Decken Sie ihre Hypothesen auf! Hypothesen können sich als wahr oder falsch erweisen. Was zählt, ist der Argumentationsweg zum Ergebnis.

6. Interpretieren Sie.

Darum geht es in Kultur- und Literaturwissenschaft. Oder machen Sie – begründet! – etwas anderes. Interpretation ist immer in erster Linie Primärtext-Arbeit. Vergessen Sie nicht vor lauter Forschungsreferat, mit dem Primärtext zu arbeiten.

7. Achten Sie auf Lesefreundlichkeit und Transparenz.

Bemühen Sie sich um guten Stil. Fallen Sie nicht in den Duktus der besprochenen Texte. Bieten Sie dem Leser, der Leserin, was Sie sich selbst in wissenschaftlichen Texten wünschen. Verwenden Sie bei wiederholter Titelnennung in Fußnoten Kurzbelege nach dem Muster Autornachname, Kurztitel, Seite wie z.B. »Grimmelshausen, Der Abenteuerliche Simplicissimus Teutsch, S. 40.«

8. Verzichten Sie auf Überflüssiges.

AutorInnen-Biographien samt Geburtsort des Vaters, Mädchennamen der Mutter, Nachkommen der Geschwister und Stadtporträt des Geburtsortes sind nicht erforderlich, ebensowenig Inhaltsangaben – es sei denn, Sie haben sehr gute Gründe dafür. Vermeiden Sie Gemeinplätze und Füllwörter.

9. Vermeiden Sie peinliche Fehler und Stilblüten.

Peinlich sind zum Beispiel Fehlerhäufungen auf dem Titelblatt der Arbeit, Nacherzählungen im Präteritum und falsche Titel der besprochenen Texte wie z.B. »Effie Briest« oder »Die theatralische Sendung von Wilhelm Meister«. Stilblüten sind zwar manchmal lustig, meistens jedoch fehl am Platze und fallen auf ihren Verfasser oder ihre Verfasserin zurück.

10. Besprechen Sie Ihre Arbeit mit KommilitonInnen. Lassen Sie Korrektur lesen!

Diskutieren Sie Ihre Themen. Nutzen Sie Ihre Referatsgruppen! Diskutieren Sie mit anderen über Ihren Text. Investieren Sie Zeit. Lassen Sie die fertige Arbeit vor der Abgabe von einer weiteren sprachkompetenten Person Korrektur lesen, nachdem Sie selbst den Text mehrfach gelesen haben.

Außerdem ...

  • Arbeiten Sie über Themen, die Ihnen Spaß machen.

  • Jede Arbeit hat Anteile von Pflicht und Kür. Werden Sie beiden gerecht.  

  • Lesen Sie viel. Schreiben Sie.

  • Zu Ihrem Studium gehört es, sich ständig neben Ihren Pflichtveranstaltungen autodidaktisch oder in selbstorganisierten Lerngruppen mit literaturtheoretischen Texten zu beschäftigen. Diese gehören genauso zum Basiswissen des Studiums wie die literarischen Texte. An Primär- wie an Sekundärliteratur müssen Sie freiwillig mehr als das lesen, was im Rahmen eines Seminars angeboten wird. Lesen bildet, Übung macht den Meister und die Meisterin. Nehmen Sie immer etwas zu lesen mit. Lesen Sie in der Bahn und beim Anstehen vor dem Dekanat. Schreiben Sie. Üben Sie, sich schriftlich zu artikulieren. Skizzieren Sie Projekte in E-Mails. Versenden Sie sie. Diskutieren Sie in E-Mails.  

Letzte Änderung: 08.12.2008